Patagonia y Tierra del Fuego – Das Ende der Welt in Argentinien und Chile

Zu Beginn ein kurzer Ausflug in die Geographie: Patagonien und Feuerland. Beides hat jeweils einen argentinischen und chilenischen Teil. Patagonien ist die ganze Region im Süden von Chile und Argentinien. Feuerland ist dagegen eine Inselgruppe im Süden von Südamerika, die durch die Magellanstraße vom Festland im Norden getrennt wird. Ushuaia, unser erster Stopp am Beagle-Kanal auf Feuerland, zählt zu den südlichsten Städten der Welt und wird daher oft als Ende der Welt bezeichnet.

Wie im letzten Eintrag erwähnt, beginnt unsere Reise nach Patagonien und Feuerland am Flughafen in Buenos Aires. Ohne Schlaf warten wir auf das Boarding, das auch pünktlich beginnt. Neben uns nimmt ein junger Mann Platz und der Flieger startet. Ich bin super aufgeregt, da ich schon so lange von Patagonien geträumt habe und es eines der Highlights unserer Reise werden soll. Nach einer Weile erfolgt der Landeanflug auf Ushuaia und der Herr neben mir fragt mich, ob ich einen Bonbon für ihn hätte. Nein, aber einen Kaugummi, mehr dachte ich mir nicht dabei. Irgendwann bemerke ich, dass er etwas abwesend wirkt und sehr bleich ist. Ich frage ihn ob alles ok ist, aber er zeigt keine Reaktion. Wir rufen die Stewardess. Mittlerweile ist allen klar, dass es sich um einen medizinischen Notfall handelt, da er seine stark verkrampften Arme nicht mehr lösen kann. Zum Glück sind gleich mehrere Ärzte an Board. Mitten im sehr sehr wackligen Landeanflug wechseln wir unsere Plätze einige Reihen nach vorne, da der Platz für die medizinische Betreuung benötigt wird. Das Flugzeug gerät in außerordentlich starke Windböen. Mittendrin laufen hektisch die Stewardessen im Flugzeug hin und her, um ein Atemgerät, andere medizinische Geräte und Medikamente bereitzustellen. Der Landanflug wird dann mehrfach abgebrochen und der Pilot zieht die Maschine wieder in den Himmel. Danach folgt die Ansage, dass wir nicht landen können. Zu starke Windböen über Ushuaia. Super, medizinischer Notfall und Landeverbot.

Wir ziehen und ziehen unsere Kreise über den Wolken und der Patient wird weiterhin versorgt. Nach einer halben Stunde die Durchsage, wir können gerade definitiv nicht in Ushuaia landen. Wir machen einen Notstopp auf einem nahegelegenen Flughafen im Niemandsland. Ich bin das Fliegen ja gewöhnt und es macht mir gar nichts aus, aber bei diesem Flug habe auch ich Schweißausbrüche und schicke ein Stoßgebet in den Himmel. Endlich auf dem Boden. Danach kommen gleich drei Sanitäter in das Flugzeug und versorgen den Mann. Es geht ihm endlich besser, die Krämpfe haben sich gelöst. Jetzt heißt es warten, bis es weiter geht. Dann verkündet der Pilot endlich die Nachricht, dass wir uns wieder auf den Weg nach Ushuaia machen dürfen.

Auf unseren neuen Sitzplätzen lernen wir Mauro aus Argentinien kennen und haben eine super nette Unterhaltung, so dass die Zeit glücklicherweise schnell verstreicht. Dann wird es wieder sehr sehr holprig über den Wolken und es erfolgt der erneute Landeanflug. Zu allem Überfluss teilt uns Mauro auch noch mit, dass die Landebahn in Ushuaia sehr kurz geraten ist und knapp vorher müssen wir noch die schneebedeckten Berge umfliegen. Unser Herz schlägt aber nicht nur wegen der Aufregung höher, sondern wegen des traumhaften Ausblicks über eine Berglandschaft, die wir vorher so noch nie gesehen haben. Schnell schicken wir noch weitere Stoßgebete in den Himmel und landen dann ruckartig und unsanft. Endlich nicht mehr in der Luft, raus aus diesem Flugzeug. Im Kopf haben wir uns schon einige Szenarien ausgemalt. Schrecklich. Zum Abschluss erntet der Pilot einen tosenden Applaus. Geil gemacht Captain!

Wir nehmen unsere Rucksäcke vom Gepäckband und wollen mit dem Taxi ins Hostel. Jedoch wartet Mauro mit seiner Schwester, die in Ushuaia lebt, in der Ankunftshalle auf uns und sie bestehen darauf, dass sie uns zum Hostel fahren. Es ist unbeschreiblich, welch sympathische und nette Leute wir auf Reisen treffen. Sie geben uns so viele wertvolle Tipps und sind so herzlich, manchmal ist das nicht zu glauben.

Jetzt aber: Überall finden sich Schilder „Ushuaia – Fin del mundo“; Willkommen am Ende der Welt!

Angekommen am Hostel überfordert uns die lauthals schreiende, dominante und hektische Besitzerin Marisa mit Unmengen an Ausflugstipps. Nach den vielen lauten Worten merken wir aber schnell, wie herzlich und lieb sie ist und dass sie sich total viel Mühe mit ihren Gästen gibt. Jeder soll sich wohlfühlen und die passenden Aktivitäten finden. Da uns der Flug noch etwas im Magen liegt, ruhen wir uns aus und kochen danach. Beim Essen läuft dann Kevin allein in New York im Fernsehen. Fantastisch, einer meiner Lieblingsfilme!

Der nächste Tag beginnt dann mit dem Frühstück und der Organisation der Busfahrt zum Nationalpark Tierra del Fuego. Marisa hat uns noch einige Wanderrouten empfohlen, die im Winter gut zu bewerkstelligen sind. Wir sind direkt nach der Ankunft von der wunderschönen Landschaft begeistert, die im Park erstaunlich unterschiedlich ist. Die Ruhe ist so entspannend, wir treffen kaum andere Menschen und erleben einen perfekten Tag im Winter. 7 Grad Celsius, Sonne pur, Kaiserwetter. Einen Tag nur Natur, viele Wanderwege und heißer Tee. Könnte kaum besser sein.

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Abends wollen wir dann Pasta kochen. Da Marisa zu viele Menschen in der Küche herumhantieren, fordert sie alle in einem bestimmenden Ton auf, im Esszimmer Platz zu nehmen. Sie kocht unser Essen. Voll lieb.

Laguna Esmeralda – das Ziel für den nächsten Tag. Wieder geht es mit dem Bus vorbei an der zauberhaften Landschaft bis zum Start der Wanderroute. Die Natur und die zugefrorene Lagune sind einfach nur wunderschön. Wir laufen, haben unseren Spaß im Schnee und genießen den sonnigen Tag. Das Wetter im Winter soll dort aber nicht immer so traumhaft sein, wir haben, wie schon so oft, wahnsinniges Glück. Wow, wie schön ist eigentlich Patagonien? Wahnsinn!

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Der Rückweg gestaltet sich dann etwas holprig. Marisa meinte, dass der Bus uns um 17.00 Uhr abholen würde. Der Busfahrer auf dem Hinweg meinte 17.30 Uhr. Da sonst kein anderer Bus fährt, stehen wir bereits vor 17.00 Uhr an der Haltestelle parat und warten. Wir warten weiter. 17.30 Uhr. Hmmmm, langsam werden die Füße kalt. Ein Pärchen kommt gerade von der Wanderung zurück und fragt uns, ob sie uns in die Stadt mitnehmen sollen. Wir lehnen dankend ab, weil wir den Bus bereits bezahlt haben und dieser uns direkt vor der Haustüre des Hostels absetzen soll. Na wenn das mal kein Fehler war? 17.45 Uhr vorbei. Ok, wir warten noch bis 18.00 Uhr, dann müssen wir wohl oder übel einen kostspieligen Anruf tätigen. Langsam sind wir leicht genervt, weil es ziemlich kalt wird. Mit eingefrorenen Füßen können wir schließlich um ca. 18.10 Uhr den langersehnten Bus betreten. In der Stadt angekommen folgen dann noch unzählige Gänge zu diversen ATM´s, da diese wiedermal nicht ausreichend mit Bargeld bestückt sind. Argentinien ist in dieser Hinsicht für Reisende sowieso schlecht aufgestellt, da die maximale Summe zum Abheben keine 200 Euro sind und dafür von der argentinischen Bank jedes Mal 7 Euro Gebühr fällig werden. Kartenzahlung ist am Ende der Welt leider nicht wirklich angesagt.

Wir kommen zurück in unser Hostel. Da Ushuaia ein ziemlich teures Pflaster ist, schlafen wir im 4-er Dorm. Glücklicherweise sind wir nur zu Dritt, ein Spanier aus Valencia teilt sich mit uns unser Reich. Er fragt mich, ob ich eine Schere hätte. Na klar und reiche sie ihm rüber. Was ich dann beobachte, macht mir so gar keine Freude und in meinem Gesicht zeichnet sich ein: „nicht dein Ernst, oder?“ ab. Er benutzt doch tatsächlich meine Schere, um an seinen blutigen Fußnägel rumzuschneiden und reicht sie mir nach erfolgreich abgeschlossener Operation wieder rüber. Ach ne Leute, ich glaub das jetzt nicht. Desinfektionsspray sei Dank! Es gibt schon einfach nur abartige Menschen und sie machen sich einfach keine Gedanken über solche Dinge, unfassbar. Jetzt hilft nur noch ein selbst angesetzter Glühwein.

Abreisetag. Unser Flug geht nach El Calafate in Patagonien. Die Strecke sieht auf der Karte nicht so weit aus, ist aber mit dem Bus in den Wintermonaten kaum zu bewältigen und wenn dann nur für eine Unsumme an Geld und Zeit. Der Flug ist dieses Mal deutlich angenehmer und wir landen pünktlich und glücklich in El Calafate, auch weil wir für unser Gepäck keine Zusatzkosten bezahlen mussten. Es soll dann mit dem Bus weiter nach Puerto Natales in Chile gehen. Am Busbahnhof angekommen erfolgt dann der Schreck. Heute fährt kein Bus nach Natales, im Winter nur eingeschränkter Fahrplan. Super, was nun? Wir haben in Natales eine Reservierung fürs Hostel, da uns das wärmstens empfohlen wurde. Also schnell W-Lan besorgen, dem Hostel in Natales schreiben, auf eine kostenfreie Stornierung hoffen und ein Hostel in El Calafate suchen. Dort angekommen checken wir ein und stellen fest, dass das für uns gar nicht so schlecht ist. Wir wollen morgen den Gletscher Perito Moreno besuchen. Dieser ist auf der argentinischen Seite. Es ist für uns jetzt also sogar günstiger, das von hier aus zu machen, als von Natales in Chile. Hat was Gutes! Das Hostel ist auch schön und abends lernen wir beim Kochen viele nette Leute kennen. Zwei Brüder aus Santiago bieten uns auch an, uns ihre Heimatstadt zu zeigen, wenn wir Ende September dort sind.

Früh am Morgen werden wir mit dem Bus vor dem Hostel abgeholt. Ganz schön komfortabel so ein organisierter Transport, der uns zum besagten Gletscher Perito Moreno bringen soll. Bereits bei Ankunft sind wir von der Größe des Eisbergs beeindruckt. Es ist kaum etwas los und wir können den ganzen Tag frei herumlaufen und die Natur genießen. Am besten gefallen mir die Geräusche. Ein Lärm, ähnlich eines Gewitters, im Inneren des Gletschers. Es brechen einzelne Eisbrocken ab und treiben als Schollen im türkisen Wasser. Wow, so etwas haben wir vorher noch nie gesehen. Wie üblich stelle ich mich dann vor den Gletscher, so dass Georg ein paar Erinnerungsfotos von mir schießen kann. Ich bemerke verwundert, wie ein gestörter Japaner ganz unauffällig zahlreiche Fotos von mir schießt. Leicht verdutzt schaue ich ihn mit rollenden Augen an. Nein, er wird sich nicht entschuldigen oder etwas sagen. Es kommt viel besser. Er zieht doch tatsächlich einen Fächer aus der Tasche und drückt ihn mir in die Hand. Ein zustimmendes und freudiges „Hooo“ schießt aus ihm heraus. Na gut, ich mache den Spaß mit. Es dauert dann aber länger als gedacht, weil er erst noch seine Frau dazustellt. Diese trägt im Übrigen ein mit Mangafiguren übersätes Kleid zu ihren Wanderschuhen und der Winterjacke. Hammer. Dann darf Georg auch noch mit ran. Der süße Opi freut sich so sehr und macht auch noch mit unserer Kamera ein Erinnerungsfoto. Ok, jetzt kann Georg wieder ein einzelnes Foto von mir machen. Wir müssen diese aber alle löschen, da ich mich vor Lachen nicht mehr halten kann. Ein Eisbrocken bricht ab. Die Mangafrau flippt so großartig aus, schreit in einer unglaublichen Lautstärke, tanzt im Kreis, klatscht in die Hände und feiert das Naturspektakel. Man, was freue ich mich auf Japan. Das wird super crazy werden.

Adiós Argentina, hola Chile! Wir sind um 5 Uhr morgens mit dem Bus aufgebrochen, um uns nun den chilenischen Teil Patagoniens anzuschauen. Völlig routiniert kommen wir an der Grenze an, machen die Aus- und Einreiseformalitäten und wandern zum Zoll. Vorher haben wir einen Zettel ausgefüllt, dass wir natürlich keine Waffen, keine Tiere, nicht zu viel Bargeld, keine Geschenke und auch keine Lebensmittel mit uns führen. Ok, abgesehen von zwei argentinischen Äpfeln. Mir egal, ich kreuze trotzdem „Nein“ an, sind ja nur Äpfel. Beim Zoll angekommen wird dieses Mal unser gesamtes Gepäck durchleuchtet. Gab es bisher an den Grenzen eher selten. Meine Tasche fährt über das Band und schließlich kommt die nette Beamtin. Der Dialog verläuft auf Spanisch ungefähr so: „Sie haben Früchte dabei“. „Oh, entschuldigen Sie bitte, die habe ich ganz vergessen.“ „Sind diese auf ihrem Zettel deklariert?“ „Nein, weil ich diese wirklich vergessen habe.“ „Dann kostet das jetzt umgerechnet $200!“ Im Ernst, für 2 Äpfel, die sind ja wohl nicht mehr ganz sauber?! Völlig gelangweilt mache ich ihr klar, dass ich mit Sicherheit gar nichts bezahlen werde, weil ich die Äpfel vergessen habe. Stimmt zwar nicht, aber das ist ja wohl lächerlich. Die Äpfel kommen jetzt nicht aus Europa oder gar einem Dritten Welt Land und es sind Äpfel, kein Fleisch, Käse, exotische Früchte oder Ähnliches. Außerdem ist das in jedem Land anders. Meistens interessiert das niemand und heute so ein Theater wegen der Äpfel. Ich frag sie dann: „Was nun?“ Dann bietet sie mir eine Lösung an: Ich soll den Zettel nochmal ausfüllen und bei den Früchten ein „JA“ ankreuzen soll. Na gut, wenn es nur das ist. Danach zeigt sie sich dann zufrieden und ich muss nichts bezahlen. Dennoch darf ich die Äpfel nicht mehr mitnehmen. Sie zieht sich Handschuhe an und setzt über ihr hübsches Gesicht einen Mundschutz. Danach schneidet sie die Äpfel klein und sprüht sie mit irgendeinem Spray ein, bevor diese in der farblich gekennzeichneten Gefahrentonne landen. Was ein Spaß.

Nach dem kleinen Zwischenfall heißt es dann: Willkommen in Chile – der Schweiz von Südamerika! Es geht noch eine Stunde mit einem anderen Bus weiter nach Puerto Natales. Als wir ankommen entschuldigen wir uns erstmal bei der Besitzerin des Hotels für das Chaos bei der Umbuchung und bedanken uns, dass sie diese kostenfrei und unproblematisch abgewickelt hat. Sie ist super nett und sagt, dass das gar kein Problem ist. Das Hostel gefällt uns auf Anhieb. Super gemütlich, sogar mit Holzofen und sie lädt uns zu Beginn auf einen heißen Kaffee ein.

Danach geht es los, die Tour für den Nationalpark Torres del Paine buchen. Im Hostel und im näheren Umkreis bieten sie Touren an. Zu Beginn wollen wir diese auch machen – eine geführte Eintagestour mit allen Highlights. Diese sind auch recht preiswert. Irgendwie wollen wir aber doch keine geführte Tour machen. Wir haben bereits einige Fotos von der Landschaft gesehen und wollen uns das einfach nicht durch eine Horde Touristen kaputt machen lassen. Dazu kommt, dass die Tagestour ein reines Abfahren der Highlights ist. Anhalten, Aussteigen, Fotos machen und nach 15 Min. wieder rein in das Gefährt. Das muss doch nicht sein. Die andere Variante ist eine herausfordernde Trekking Tour auf die höchsten Berge, die mind. 6 Tage dauert. Wenn wir das machen, müssen wir etwas anderes von Patagonien weglassen. Auch blöd. Naja, wir machen uns mal auf den Weg und schauen, ob wir noch etwas anderes entdecken. Den Geldbeutel im Hintergrund, denn wie bereits erwähnt, Patagonien ist ein teures Pflaster.

Wir laufen zu einer Travel Agency, die im Lonely Planet empfohlen ist. Auch hier bekommen wir sofort einen Kaffee angeboten und fragen welche Trips angeboten werden. Der super nette Herr meint ganz trocken: „Wir bieten einige Touren an. Aber wie ich euch einschätze und ich an eurer Stelle wäre, würde ich hier keine Tour buchen und mir ein Auto mieten und die Highlights abfahren.“ Ok, im Vorfeld haben wir dazu keinerlei Informationen gefunden. Er bestätigt das, weil es das nicht gibt, aber er würde uns dabei helfen. Am Ende verbringen wir fast eine Stunde bei ihm, trinken gemütlich Kaffee und er schreibt uns einen genauen Plan auf, mit Dingen, die einfach nur fantastisch klingen. Wir bekommen sofort leuchtende Augen und die Eintagestour gerät sofort in den Hintergrund. Cristobal ist einfach nur unglaublich. „Es gibt dort keine Hostels oder ähnliches, mietet euch ein Auto bei meinem Kumpel, er wird euch Rabatt geben. Mietet keine Schlafsäcke, das ist zu teuer. Kauft euch gebrauchte. Schlaft dann im Auto. Ist zwar kalt, aber das klappt schon.“ Am Ende fragen wir ihn, was er für diese genialen Ratschläge bekommt. Nichts natürlich, er macht das gerne. Wir sollen ihm nur ein Foto schicken und berichten, ob alles geklappt hat. Wir sind so aufgeregt und voller Vorfreude. Wir laufen zur Mietwagenfirma und bekommen 35% Rabatt auf die Miete und die Hälfte der One Way Fee geschenkt. Er sagt zu uns, dass ist sein absoluter Bottom Price und er bietet uns das nur an, weil wir Freunde von Cristobal sind. Im Nachhinein wissen wir auch, dass wir ein wahnsinniges Glück hatten, so ein Schnäppchen zu schießen. Juhu, wie geil. Jetzt heißt es Schlafsäcke und Lebensmittel für die nächsten 6 Tage kaufen, packen und vorkochen. Ach ja, da wäre ja noch etwas. Wir müssen das Hostel nochmal für eine Nacht stornieren. Oh nein, nicht schon wieder! Nach der Orga klären wir dann den unangenehmen Teil, aber sie ist super entspannt und sagt, dass unser Trip einfach nur toll klingt.

Dann ist es soweit, wir starten unser Abenteuer. Noch schnell bei Eltern und Freuden für die kommenden Tage abgemeldet und los geht die Fahrt nach Torres del Paine. Schon allein die Fahrt dorthin ist mega. Wir hören Hans Söllner und genießen unsere Freiheit. Wir finden dann auch direkt unseren ersten Stopp, den Lago Grey. Oh mein Gott, es ist großartig. Besonders das graue Wasser ist so verwunderlich. Mr. Grey hat auch schon angelegt, wo ist er nur?!

Nach ein paar Stunden in den Wanderschuhen geht’s zurück zum Auto. Haha, endlich Wärme. Oder vielleicht doch nicht? Die blöde Karre springt nicht an. Ein rotes Licht leuchtet, ansonsten tut sich da nichts. Die Gebrauchsanleitung spricht auch nur Spanisch. Ich tippe auf die Batterie, aber mal sehen. Wir haben Glück, es kommen ein paar Brasilianer vorbei. Sie helfen uns sofort und bestätigen nach ca. 15 Minuten, dass es die Batterie ist und fädeln alles Weitere ein. Sie besorgen bei einem Mechaniker, der in der Nähe des Parkplatzes arbeitet, ein Überbrückungskabel und geben uns Starthilfe. Es geht alles schnell über die Bühne. Sie sind so herzlich. Zur Belohnung gibt es für die 5 Männer jeweils einen Wangenkuss und wir können weiter fahren. Das Auto läuft, es wird warm und wir fahren zu unserem Schlafplatz.

Die erste Nacht schlafen wir prima, frühstücken unsere Cornflakes im Auto und fahren zu den Wasserfällen. Entlang des Weges halten wir immer wieder für ein paar Fotos an.

Landschaftlich ist dann der zweite Stopp völlig anders und mit Glück können wir einige Tiere sehen. Mit besonders viel Glück vielleicht sogar Pumas. Wir finden mit Cristobals Aufzeichnungen den Weg, den man ansonsten niemals finden kann und starten unsere Wanderung. Wow, das reinste Guanako Grab. Die Tiere zählen zur Gattung der Lamas. Überall liegen Knochen und Skelette, es muss hier wohl einige Pumas geben. Leider zeigen sich die erst in der Dämmerung, aber wir warten den Rückweg mal ab. Wir laufen insgesamt 20 Kilometer, sehen viele lebendige Guanakos, Greifvögel und wieder eine traumhafte Landschaft bei Kaiserwetter. Unfassbar! Die Dämmerung tritt allerdings erst gegen 20.30 Uhr ein, das wird wohl nichts mit den Pumas. Wir müssen weiter zu unserem nächsten Schlafplatz, da wir morgen früh los müssen und die Straße bei Nacht aufgrund der überdimensionalen Schlaglöcher nicht zu bewältigen ist. Schade, aber der Tag war trotzdem ein Traum. In unserer neuen Bleibe gibt es Abendessen und wir legen uns zur Ruhe.

Die Nacht war der reinste Horror. Heftige Stürme, es war so laut und an Schlaf nicht zu denken. Außerdem suchten Vögel an unserem Außenspiegel Schutz vor dem Sturm. Dabei hämmern sie natürlich kräftig gegen unsere Wohnung. Super! Am Morgen sind wir dann echt gerädert und heute steht auch noch der härteste Teil in Torres del Paine an, der Aufstieg zu einem der drei Türme. Um zum Mirador de las Torres zu gelangen, warten auf uns über 1.000 Meter Höhenunterschied auf der 20 Kilometer langen Wanderung. Anfangs laufen wir noch entspannt los, dann ein wenig Schnee…immer mehr… Wind, nein Sturm, gewaltiger Sturm… Oh man, warum machen wir immer so einen Mist?! Kopf aus und laufen, laufen, laufen und bloß nicht auf dem Eis hinfallen. Am Nachmittag erreichen wir den Gipfel, traumhaft die Aussicht. Grau! Alles Bewölkt! Aber so ist das nun mal. Trotzdem sind wir glücklich es geschafft zu haben.

Ich friere wie Sau und muss mich wieder über manche Idioten wundern. Kaum zu glauben, aber es gibt doch tatsächlich Leute, die dort in Chucks hoch laufen. Es hat so viel Schnee und Eis, da passiert ganz schnell etwas. Wenn es dann so ist, wird der Pfad wieder für Leute ohne Guide gesperrt. Haben wir bereits öfter schon erlebt. Ein paar Meter nach Beginn des Abstiegs wird die Sicht wieder besser und wir freuen uns wie kleine Kinder im Schnee. Gegen 18.00 Uhr sitzen wir dann erschöpft, ausgehungert und halb erfroren im Auto. Man, was ein geiler Trip! Wir legen ein Hörbuch ein und entscheiden uns dazu, noch nach Puntas Arenas zu fahren. Das sind fast 300 Kilometer, aber das Erlebnis heute hat uns aufgeputscht. Nun ja, im Nachhinein würden wir das nicht mehr machen, da wir schon stark mit Schneestürmen auf der Autobahn zu kämpfen hatten. Der Eberhofer, das nervige Känguru aus den Känguru Chroniken und diverse Knallerhits aus den 90ern halten uns die Augen offen. Da auch das Benzin wieder knapp kalkuliert wurde (kein Bock 3 Mal anzuhalten), es dazwischen keine Tankstellen gibt, schwitzen wir doch am Ende. Aber wir schaffen es, erster Stopp Tankstelle! Wir haben es in Namibia schon mal fertig gebracht, dass der Tank auf 0 stand und wir noch 35 Kilometer vor uns hatten. Auch das ging gut, lediglich ein paar Panikattacken meinerseits. Wir schlafen vor dem Schwimmbad, denn das ist morgen unser erstes Ziel.

Diese Nacht verläuft dann etwas besser, aber es ist schweinekalt. Meine Nase ist ein einziger Eiszapfen. Geil, jetzt ins heiße Wasser! Georg geht mal fragen, wann das Schwimmbad aufmacht. Es ist zum Verzweifeln, das einzige Schwimmbad der Stadt hat nur von 3 – 4 Uhr am Nachmittag geöffnet. Neeeiiiinn!. Naja hilft nichts, dann fahren wir zur Tankstelle von gestern zurück, da gibt es Duschen. Wir verstauen unser Zeug und wollen losfahren. Ne oder? Ahhhh, wir haben einen Platten! Das darf doch nicht wahr sein! Ok, dann mit Warnblinklichtanlage im Schneckentempo zur Tanke – Reifenwechsel bei der Kälte. Ich lese im Vertrag des Mietwagens nach und sehe, wir sind dafür verantwortlich und müssen den kack Reifen auch bezahlen. Irgendwie haben wir dann keine Lust auszusteigen und fragen mal nach einer Werkstatt. Also weiter mit plattem Reifen durch den Stadtverkehr. Dort angekommen ist es einfach wieder so lustig. Der Herr ist mega nett. Er schraubt den Reifen ab und zeigt uns den Übeltäter, ein Nagel, ist klar! Er bietet uns an, den Reifen zu flicken und ihn wieder zu montieren für umgerechnet 5 Euro. Sicher, das machen wir! Guter Deal und das Beste ist, wir müssen bei der Mietwagenfirma dann nichts für den Reifen bezahlen, denn keiner wird davon erfahren.

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Jetzt aber endlich, die Duschen an der Tanke. Wir kommen dort an und sehen nochmal auf das Schild mit den Duschen. Prima. Wir gehen rein und fragen nach dem Preis. „Ne Duschen haben wir hier nicht.“ Boah, ganz ruhig bleiben. Und nun? Ich habe die Idee, dass wir einfach zu einem Hostel fahren und fragen, ob wir duschen können. Klappt prima und wir fühlen uns wie neu geboren. Jetzt weiter im Programm. Auf uns wartet ein Leuchtturm, den kaum jemand kennt.

Über Stock und Stein fahren wir an der Küste entlang und bewundern einige Delfine, die freudig im Wasser springen. Wie von Cristobal beschrieben, sollen wir am Ende das Auto parken und dann geht es 5 Kilometer durch Sumpf, Wald, Kieselsteine und mehr zum Leuchtturm. Wir müssen über einige Baumstämme balancieren, bitte bloß nicht im Wasser landen! Nach einer halben Ewigkeit sehen wir den Leuchtturm auf einem Hügel.

Wir laufen dort hin und sehen einen Mann, der bei dieser Kälte an einer Holztreppe arbeitet. Dennoch wieder Sonnenschein! Wir kommen mit ihm ins Gespräch und er wirft uns den Schlüssel für den Leuchtturm hin, mit der Bitte, diesen nach unserem Besuch wieder bei ihm abzugeben. Wer bitte würde so etwas bei uns tun? Wow, ich habe bis heute keine Worte für dieses Gebäude. Es ist so wunderschön. Bis auf den kleinen Weg, der zum Leuchtturm führt, ist rundherum nur Wasser, in dem sich Delfine, Wale und Robben austoben. Das ist mein absolutes Traumhaus und ich möchte das sofort kaufen. Hier am Ende der Welt. Nach einer Stunde Glückseligkeit laufen wir wieder den Berg hinab und fragen den Mann bei der Gelegenheit, ob er es verkaufen würde. Leider negativ. Ich wäre sofort hier geblieben. Unfassbar toll. Typisch Frau, ich habe das Gebäude im Kopf bereits eingerichtet und für Veranstaltungen vermietet. Als Trost bietet er uns einen Kaffee oder Tee bei sich an, um uns aufzuwärmen. So gerne wären wir geblieben, aber wir müssen den anstrengenden Weg zurück, um vor Einbruch der Dunkelheit wieder am Auto zu sein. Patagonien, du hast uns einfach verzaubert und wir dürfen sogar noch ein paar Tage bleiben.

Wir fahren wieder nachts weiter, da wir aufgrund der Reifengeschichte leider Zeit verloren haben. Nächster Stopp, Fähranlegestelle nach Feuerland, dieses Mal der chilenische Teil. Wir wollen morgen gleich die erste Fähre nehmen, also schlafen wir an der Anlegestelle. Als wir dort eintreffen werden wir gefragt, ob wir die letzte Fähre um 23.30 Uhr noch nehmen wollen. Morgen fährt die Erste erst um 11.00 Uhr. Oh man, was haben wir für ein Glück und schon steht das Auto auf der Fähre. Die Fahrt über die Magellanstraße dauert auch nur 25 Minuten und dann können wir uns endlich schlafen legen. Wir müssen so viele tolle Eindrücke verarbeiten, dass es manchmal sehr schwer ist Ruhe zu finden. Aber nach einiger Zeit klappt es dann, obwohl ich den Leuchtturm schwer verdrängen kann.

Am Morgen machen wir erstmal einen Plan, was der Tag bringen soll. Seit ein paar Jahren hat sich auf Feuerland wieder eine Kolonie von Königspinguinen angesiedelt. Wir haben schon in Südafrika und auf den Galapagos Inseln Pinguine gesehen, aber keine Königspinguine. Das ist ein Muss! Wir fahren ca. 150 Kilometer Schotterpiste (auf Feuerland gibt es keine geteerten Straßen) und treffen um ca. 10.00 Uhr bei den Pinguinen ein. Der Platz ist überwacht und geschützt, da die Tiere vom Aussterben bedroht sind. Es ist auch alles abgezäunt, damit sie in Ruhe dort leben dürfen. Mist, man darf erst ab 11.00 Uhr zu den Pinguinen. Wir sitzen im Auto und warten. Ein Herr kommt ans Tor und fragt uns, ob wir schon früher zu den Tieren möchten. Super toll, das spart uns eine Stunde Zeit. Er erklärt uns eine ganze Menge zu den Pinguinen. Georg zwick mich bitte, da sind Königpinguine! Sie sind wirklich da! Es ist so kalt, aber so schön. Wie sie laufen und warum sind die Kinder von ihnen so hässlich braun? Wir bleiben sehr lange dort, weil wir auch die Einzigen sind und freuen uns tierisch. So niedlich. Ein absolutes Highlight!

Wir verweilen dort ziemlich lange und außer uns kommt dann noch ein Pärchen, das nicht zu überhören aus dem Osten Deutschlands stammt. Lustig. Wir fahren dann noch Quer durch Feuerland und nehmen die Fähre am späten Nachmittag zurück aufs Festland.

Dort hat uns Cristobal noch ein Highlight aufgeschrieben. Der Nationalpark Pali Aike, der im Winter zwar geschlossen ist, wir aber irgendwie versuchen sollen dort reinzufahren. „Wenn Jemand kommt, einfach so tun, als würdet ihr nichts verstehen.“ Wir nehmen den Weg auf uns und versuchen es. Dann erscheint auch schon das Gate, das offen steht und die Pforte ist nicht besetzt. Wie geil ist das denn? Den riesigen Nationalpark ganz alleine für uns! Es ist ein Traum. Wenig Worte, dafür ein paar Fotos.

Gerne hätten wir auch hier übernachtet und die fabelhafte Ruhe genossen, aber unser Flieger geht morgen um 12.00 Uhr von Puntas Arenas, das ca. 200 Kilometer entfernt ist. Also stressfreier ist es, heute noch zu fahren.

Es klappt dann auch alles prima, wir geben den Wagen völlig verschmutzt, aber natürlich in einwandfreiem Zustand ab. Am Ende ist sogar noch das Nummernschild abgefallen, das wir dann kurz vor Rückgabe noch schnell provisorisch hingesteckt haben. Am Flughafen haben wir auch wieder W-Lan. In Deutschland waren Wahlen. Ach du Schande, wären wir mal lieber beim Leuchtturm geblieben. Patagonien, wir nehmen körperlich Abschied, aber eigentlich bleibt unser Herz hier. Beim Abschied kullern ernsthaft einige Tränen, aber jetzt geht es schweren Herzens weiter nach Santiago de Chile.

Ihr Lieben, wir möchten uns bei Euch bedanken, da wir nach jedem Beitrag so viele liebe Nachrichten bekommen, dass Euch unser Blog so gut gefällt. Vielen, vielen lieben Dank! Das bedeutet uns sehr viel und wir freuen uns, dass Ihr uns ein wenig auf unserer Reise begleiten könnt. Es ist so schwer die Fotos dafür auszusuchen, besonders für Patagonien. Ich kann zwischen all den beeindruckenden Bildern kaum eine Entscheidung treffen und freue mich so sehr, wenn wir die Restlichen mit einigen von Euch bei einer Flasche Wein im nächsten Jahr teilen können. Danke, Ihr fehlt uns sehr.

Autor: Laura


8 Gedanken zu “Patagonia y Tierra del Fuego – Das Ende der Welt in Argentinien und Chile

  1. Hallo Laura, Georg,
    sehr mutig was Ihr da macht, Respekt!
    Einen kalbenden Gletscher würde ich gerne auch mal erleben.
    Bei mir hat es am WE nur für die böhmische Schweiz gereicht, war aber auch sehr imposant.

    Schön dass es Euch gut geht,
    Dad

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    1. Hallo Dad,
      vielen Dank! Die wissenschaftliche Ausführung habe ich Dir überlassen 😉
      Freu mich, dass es Dir gut geht und Du ein tolles Wochenende hattest.

      Freuen uns, wenn wir uns wiedersehen.

      Liebe Grüße
      Laura

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  2. Hallo Lieblingsneffe, liebe Laura,

    eure Aufzeichnungen zu Patagonien und Feuerland haben mich begeistert. Schön, dass es euch gut geht und ihr immer wieder auf interessante sowie nette/freundliche Einwohner trefft. Am meisten hat mich euer Hörbuch begeistert. Mein geliebtes Känguru begleitet euch auf eurer Weltreise – mega cool 😜. Wenn es das wüsste!!!!😂
    Passt weiterhin auf euch auf und erfreut uns mit erfrischenden Erlebnissen.
    Pia 😘

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  3. Hallo Georg, liebe Laura!

    Georg, es schreibt dir deine Ex-Mitbewohnerin aus Cádiz, die hofft dass es euch beim Reisen gut geht! Bin gerade auf euren Blog gestoßen, toller Bericht von Argentinien 🙂 Waren gestern auch beim Perito Moreno Gletscher, schon imposant das hellblau-glitzernde Ding 😀 Bei uns gehts nach 2 Monaten Argentinien morgen wieder nach Hause, sich a bisl dem Ernst des Lebens stellen ;). Sollt mal mein Studium offiziell abschließen 😀
    Ja wie gesagt, hoffe euch gehts gut und dass ihr auch mal unaufregende entschleunigende Tage einlegt -Wahnsinn wie kurzweilig sich eure Geschichten lesen und wieviele Abenteuer ihr in kürzester Zeit erlebt! Alles alles Gute auf der Weitereise, ich werd mir ein bisschen Gusta für von uns noch unentdeckte Ländern in eurem Blog holen 😉

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